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Juwele der Kirchengeschichte, Teil 23: Die Schlosskirche in Rumpenheim

Die barocke Rumpenheimer Schlosskirche aus der Mitte des 18. Jahrhunderts steht wunderschön im Grünen zwischen alten Bäumen. Von innen ist sie schlicht und hell und ganz auf die Kanzel ausgerichtet, denn 1595 war die Rumpenheimer Gemeinde zur reformierten Kirche gewechselt – und dort steht das Wort, die Verkündigung, im Mittelpunkt.

Mitten im Park gelegen: Die Rumpenheimer Schlosskirche. | Rui Camilo
Mitten im Park gelegen: Die Rumpenheimer Schlosskirche. | Rui Camilo

Der Ort Rumpenheim wurde im Jahr 770 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Von einer Pfarrkirche ist 1338 erstmals die Rede. Im dreißigjährigen Krieg wird der Ort von spanischen Truppen geplündert. Die mittelalterliche, vermutlich romanische Kirche stürzte in den folgenden Jahren ein.

Die jetzige Saalkirche wurde zwischen 1756 und 1761 gebaut und von der Gemeinde selbst finanziert. Über dem Eingangsportal ist das Wappen des Kurfürstentums Hessen in Stein gemeißelt, darunter eine lateinische Inschrift, die übersetzt bedeutet: „Unter der Regierung Wilhelms VIII, Fürst von Hessen und Hanau, frommer Vater des Vaterlandes, ist dieses Haus, welches der Pflege der reineren Religion geweiht ist, im Jahr 1756 erbaut worden.“ Der Hinweis auf die „reinere Religion“ ist eine Spitze gegen die lutherische Konfession, denn die Rumpenheimer Gemeinde hatte zwar nach der Reformation 1541 das lutherische Bekenntnis angenommen, war aber 1595 zum reformierten gewechselt.

Zur Schlosskirche wurde das Gebäude erst nach dem Ausbau des Rumpenheimer Schlosses durch Landgraf Friedrich von Hessen-Kassel zwischen 1781 und 1811, der Schlosspark wurde 1838 fertig. Seither steht die Kirche mitten im Park, in unmittelbarer Nähe des Rumpenheimer Schlosses, wo die Fürstenfamilie noch bis 1902 lebte. Inzwischen ist der Schlossgarten ein öffentlicher Park, die Stadt Offenbach hat 1965 das Schloss, das Mausoleum und den Park gekauft. Ab 1985 entstanden im Schloss Eigentumswohnungen.

Der rote Sandstein der Schlosskirche ist unverputzt und gibt ihr ein kompaktes, widerstandsfähiges Aussehen, gegen das der barocke Innenraum leicht wirkt. Der Kirchturm im Norden hat eine zweifach gestufte Haube und vier Glocken. Das schiefergedeckte Satteldach wurde 2016 und 2017 renoviert.

Die Kanzel steht im Mittelpunkt. | Foto: Rui Camilo
Die Kanzel steht im Mittelpunkt. | Foto: Rui Camilo

Im Innern wirkt die Kirche mit der 1994 wiederhergestellten hell gestrichenen Wand und der grau-blauen Farbgebung der Bänke und Holzbauten schlicht und wie aus einem Guss. Getreu dem reformierten Glauben ist sie ganz auf die Verkündigung von Gottes Wort ausgerichtet: Die barocke weiß-goldene Hochkanzel ist der strahlende Mittelpunkt. Auf dem darüberliegenden Schalldeckel sitzt als einziger Schmuck ein vergoldeter Pelikan mit zur Brust geneigtem Schnabel. Angeblich sollen Pelikane sich in größter Not selbst verletzen, um ihre Jungen füttern zu können – in der christlichen Kunst ein Symbol für Christus, der sich für die Menschen opfert. Unten auf dem Schalldeckel ist eine Windrose zu sehen: Das gepredigte Wort soll in alle Himmelsrichtungen wirken. Ganz unten an der kelchartigen Kanzel hängt eine geschnitzte grüne Weinrebe: Sie verweist auf das Abendmahl in Brot und Wein.

Unter der Kanzel liegt eine Bibel auf einem Abendmahlstisch, auch er aus Holz, weiß, mit gedrechselten goldenen Beinen. Das silberne Kruzifix, das heute nur zu den Gottesdiensten auf den Altar gestellt wird, sowie ein silbernes Abendmahlsgeschirr mit Kelch, Weinkanne und Brotschale wurden ebenso wie ein silbernes Taufgeschirr von der Fürstenfamilie gestiftet.

Rechts und links von Kanzel und Altar liegen die sogenannten Pfarrstände – Holzbauten, in denen in früheren Zeiten der gewählte Kirchenvorstand saß. Die Fürstenlogen lagen unter der Empore im Norden. Heute werden sie als Sakristei genutzt.

Von innen ist die Schlosskirche schlicht gehalten. | Rui Camilo
Von innen ist die Schlosskirche schlicht gehalten. | Rui Camilo

Die Orgel auf der Empore stiftete 1851 Herzog Adolph von Nassau zur Hochzeit mit der Enkelin des Landgrafen Friedrich von Hessen. Orgelbauer war Christian Friedrich Voigt aus Igstadt, heute Wiesbaden. Die Orgel hat 17 Register, zwei Manuale und ein Pedal. 2003 wurde sie renoviert und wieder in ihren ursprünglich romantischen Klang zurückgeführt.

Erwähnenswert ist noch eine große mechanische Uhr der Firma Ritzert aus Groß-Umstadt vom Ende des 19. Jahrhunderts. Sie war bis circa 1970 in Betrieb. Seitdem wird die Kirchturmuhr elektrisch betrieben. Das alte mechanische Uhrwerk wurde 2017 in ehrenamtlicher Arbeit gereinigt und renoviert. Jetzt ist es im Kirchenraum in einer Vitrine ausgestellt.

Südlich hinter der Kirche findet sich die Grablege der landgräflichen Familie Hessen-Kassel-Rumpenheim, die mit einer Christusfigur von Pietro Tacca geschmückt ist. Hierhin wurden die Mitglieder der Landgrafenfamilie 1964 aus dem fürstlichen Mausoleum überführt. Im ehemaligen Mausoleum und in der Schlosskirche finden immer wieder Konzerte statt.


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Autorin

Stephanie von Selchow ist Redakteurin des EFO-Magazins.

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