Kunst & Kultur

Mädchenchor der Regensburger Domspatzen: Erste Station war Frankfurt

Bis zum Konzertbeginn sind es nur noch wenige Minuten. Hinter der Kirche haben sich die Mädchen zu einer letzten Probe versammelt, die roten Chorröcke hängen über ihren Armen oder Schultern: Beim 614. Festeburgkonzert in Frankfurt-Preungesheim ist der Mädchenchor der Regensburger Domspatzen zu Gast, dessen Gründung im vergangenen September für Furore sorgte.

Einsingen kurz vor dem Konzert in der Festeburgkirche in Frankfurt-Preungeschor: Der Mädchenchor der Regensburger Domspatzen. | Foto: Doris Stickler
Einsingen kurz vor dem Konzert in der Festeburgkirche in Frankfurt-Preungeschor: Der Mädchenchor der Regensburger Domspatzen. | Foto: Doris Stickler

Das Konzert im Juli war das erste Mal, dass die zehn- bis siebzehnjährigen Sängerinnen außerhalb von Regensburg zu hören waren. Dass ihr Weg sie ausgerechnet nach Frankfurt führte, ist Dorothee und Karsten Kujath zu verdanken. Ihre Tochter Antonia gehört seit der Gründung dem Mädchenchor an. Als dessen Debütreise beschlossen war, schlug das Ehepaar dem Leiter der Festeburgkonzerte einen Auftritt in der Preungesheimer Gemeinde vor.

Der Zuspruch war enorm, die 34 Mädchen sangen in ausverkauftem Haus. In der exzellenten Akustik der als Aufführungsort konzipierten Kirche kamen ihre betörenden Stimmen in vollem Umfang zum Tragen. Unter dem Titel „Cantate Domino – Singt dem Herrn!“ erfüllten sie mit Motetten und Liedern von Komponistinnen und Komponisten quer durch die Musikgeschichte den gesamten Kirchenraum. Nach knapp eineinhalb Stunden wurde die von Markus Mathy am Klavier begleitete Gesangsdarbietung vom Publikum mit Standing Ovations und nicht enden wollendem Applaus honoriert.

Die bezeugte Wertschätzung verwandelte die zuvor ernsten und hoch konzentrierten Gesichter der Sängerinnen in strahlende Mienen. Bei Antonia war die Freude nicht nur wegen des erfolgreichen Auftritts groß. Das Konzert in Frankfurt war für sie ein Heimspiel, das ihr ein ungeplantes Zusammentreffen mit alten Freundinnen und Freunden und natürlich ihren Eltern und dem jüngeren Bruder Benedikt bescherte. Die Elfjährige kann sich zwar ein Leben ohne Singen nicht vorstellen und möchte den Chor nicht mehr missen: „Ich fühle mich so, als ob ich schon immer bei den Domspatzen war.“ Trotzdem wird sie in Regensburg bisweilen von Heimweh geplagt.

„Ich rede dann mit Freundinnen darüber, denen geht es nicht anders.“ Außerdem telefoniere sie fast täglich mit den Eltern und ihr Bruder Maximilian, der seit vier Jahren bei den Domspatzen singt, wohnt ebenfalls im Internat. Dass sich Antonia in Regensburg wohl fühlt, hat viel mit dem kurzweiligen Alltag zu tun. „Die Schule macht Spaß, die Lehrer sind toll, es gibt viele Sportangebote, Filmabende und tägliche Proben mit dem Chor.“ Alle zwei bis drei Woche singt der Mädchenchor zudem im Dom für amerikanische Touristen, die bei ihren Donauschifffahrten die Gelegenheit nutzen, die Mädchen zu hören.

Die Gründung des Mädchenchors bei den Regensburger Domspatzen vorigen September sei eine Sensation gewesen, sagt Chormanagerin Christina Ostrower. „Die Meldung ging im September um die ganze Welt.“ Es habe schließlich mehr als ein Jahrtausend gedauert, bis der hierzulande wohl älteste und international berühmte Knabenchor ein weibliches Pendant bekam. „Die erste Tournee ist quasi ein Push für die Mädels.“

Diese Einschätzung kann Antonia nur bestätigen. „Die Konzertreise ist total aufregend und toll, wenn wir nach den Auftritten im Bus sitzen sind alle richtig fröhlich und entspannt.“ Ihre Begeisterung beglückt nicht zuletzt die Eltern, die die musikalische Begabung ihrer Kinder bestmöglich fördern möchten. Wie die Tochter, die Klavier und Cello spielt, sind auch die beiden Söhne nicht nur stimmlich versiert. Da Maximilian bereits ein alter Domspatzenhase ist und Antonia bald ein Jahr dabei, sind die Eltern sicher: „Benedikt ist der nächste Kandidat.“ Vermutlich wird es den heute Neunjährigen wie seine Geschwister nach dem zehnten Geburtstag in die Oberpfalz verschlagen.

Die Ärztin und der Rechtsanwalt wissen ihre Kinder rund 300 Kilometer entfernt „bei den Domspatzen in guten Händen“. Im Chor wie im Internat herrsche eine familiäre Atmosphäre. Jedes zweite bis dritte Wochenende sowie die Schulferien würden sie in Frankfurt verbringen. Abgesehen davon sei aber klar: „Wenn die Kinder wollen, können sie jederzeit zurück.“

Danach sieht es jedoch nicht gerade aus. Und wer weiß, ob angesichts des großen Zuspruchs beim Auftritt des Mädchenchors die Domspatzen künftig nicht häufiger in Frankfurt gastieren. Bei den Knaben sind Konzertreisen längst fester Bestandteil des Programms.

Wenngleich Chöre bei den 1974 ins Leben gerufenen Festeburgkonzerten eher selten vertreten sind, würde Michael Martell, der Vorsitzende des Fördervereins Festeburg, weitere Auftritte begrüßen. Zumal die ausgezeichnete Akustik, die seit langem Musiker:innen der Frankfurter Oper, des HR-Sinfonieorchesters sowie internationale Virtuosen in das Preungesheimer Gotteshaus lockt, gerade der Vokalmusik sehr zugute kommt. Martell rechnet es denn auch der Kulturstiftung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau hoch an, dass sie das Konzert des Mädchenchors finanziell unterstützte.


Autorin

Doris Stickler 76 Artikel

Doris Stickler ist freie Journalistin in Frankfurt.

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