Kunst & Kultur

Das Baselitz-Werk „Anna selbdritt“ kommt und die Mondsichel-Madonna kehrt zurück

Mit „katharinen+passion 2022" wird an der Frankfurter Hauptwache zwischen Aschermittwoch und Ostern ein umfangreiches Programm mit Andachten, Konzerten und Vorträgen geboten. Frauen, die Mut zur Haltung bewiesen haben, stehen im Mittelpunkt der Andachten in der Sankt Katharinenkirche, musikalisch wird Experimentelles gewagt, eine Aufführung der Johannespassion „á trois".

Anna selbdritt von Georg Baselitz Photo Jochen Littkemann Berlin
Anna selbdritt von Georg Baselitz Photo Jochen Littkemann Berlin

Wer 2022 in der Passionszeit die evangelische Sankt Katharinenkirche an der Frankfurter Hauptwache betritt, wird auf ein Kunstwerk des Künstlers Georg Baselitz stoßen. Inmitten des Kirchenschiffs hängt von Aschermittwoch an und bis zum 17. April sein 4,35 mal 6 Meter hoher „Vorhang“ „Anna selbdritt“, benannt nach der Mutter Marias.

Dass zugleich in diesen Zeitraum auch die Rückkehr der restaurierten Mondsichelmadonna aus dem 15. Jahrhundert nach Sankt Katharinen fällt, freut den Stadtkirchenpfarrer an Sankt Katharinen, Olaf Lewerenz: „Die Reihe „katharinen+passion 2022 steht im Zeichen dieser Kunstwerke. Anna ist keine biblische Figur, in der Heiligen Schrift tauchen sie und Joachim, der Vater Marias, nicht auf. Der Annenkult bezieht sich auf apokryphe Evangelien und die im Mittelalter populäre Legenda aurea. In der evangelischen Frömmigkeit spielt Anna keine große Rolle und ist vielen unbekannt.“

Baselitz waren die mittelalterlichen Darstellungen der Marienmutter jedoch durchaus geläufig. Ohne konfessionelle Bindung oder Auftrag griff er gerade in den Achtzigern manches religiöse Motiv auf, darunter Lazarus, Veronika, die Kreuzigung und eben auch Anna. Geschaffen auf der Grundlage von Filz und Nessel, hat Georg Baselitz die jetzt in Katharinen gezeigte „Anna selbdritt“ im Jahr 1987 für die Annenkirche im niedersächsischen Luttrum, Kreis Hildesheim. In jener Zeit lebte der gebürtige Sachse in der Gegend. Großformatige Fastentücher, auch Hungertücher genannt, verhängten mancherorts seit dem Mittelalter Altarräume, Baselitz Werk war für den Gebrauch über die Passionszeit hinaus gedacht.

Anna, Maria, Jesus und Johannes der Täufer sind kopfüber dargestellt – seit Jahrzehnten ist die Umkehr der Perspektive so etwas wie ein Markenzeichen Baselitz. In einem Interview äußerte der Künstler Anfang der Neunziger zu der Gruppe: „Immer wenn im Museum ein Familienbild hängt, außer bei historischen Portraits, wo Kinder mit drauf sind, ist der Prototyp für das Familienbild die ,Anna selbdritt‘“.

Das zweite Kunstwerk, das bei „katharinen+passion 2022“ eine Rolle spielt, eine kniende Mondsichelmadonna aus dem 15. Jahrhundert, ist ein frühes und eindrucksvolles Zeichen für Toleranz und ökumenisches Bewusstsein. Sie zählt zu den wenigen erhaltenen Stücken aus der ursprünglich katholischen Kapelle, die Ende des 17. Jahrhunderts beim Bau der evangelischen Sankt Katharinenkirche integriert wurden. An der Außenfassade fand die Madonna jedoch nicht allzu viel Beachtung, der Zweite Weltkrieg und Vandalismus jüngeren Datum hinterließen Spuren. Nach der Restaurierung zieht die Figur aus Tuffstein nun in den Innenraum der Sankt Katharinenkirche, wo sie mehr Aufmerksamkeit erreicht.

Beiden, Anna selbdritt und der Mondsichelmadonna, sind Vorträge gewidmet: Am Dienstag, 8. März, 18 Uhr, spricht Professor Matthias Kloft über das Baselitz-Werk, am Dienstag, 5. April, 18 Uhr, stellt der Restaurator Andreas Heimbrock die Mondsichelmadonna vor. Eine Andachtsreihe, mittwochs um 18 Uhr, gewidmet Frauen, die für ihre eigene Überzeugung einstanden, gehört zu „katharinen+passion“ sowie drei Sonntagskonzerte am 6. und 27. März sowie am 10. April, jeweils um 18 Uhr. Zudem erwartet das Publikum eine herausragende Neuinterpretation der Johannespassion Johann Sebastian Bachs am 13. März, 18 Uhr. Vom 20. bis zum 25. März wird es ein Konzert und Vorträge zu Kriegsende und Neubeginn 1945 und dem Niederschlag davon in Musik, Kunst und Literatur geben. Isaak Dentler, Schauspiel Frankfurt, ist am 17. März, 18 Uhr, noch einmal zusammen mit Tim Roth, Kontrabass, und Max Mahlert, Schlagzeug, mit der Inszenierung von Walter Jens' „Ich, ein Jud“ in der Sankt Katharinenkirche zu Gast.


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Bettina Behler 298 Artikel

Bettina Behler, Medieninformation Evangelische Öffentlichkeitsarbeit Frankfurt und Offenbach