Frankfurt lokal

Weihnachtszeit – schwierige Zeit

Bernd Reisig Stiftung übergibt hunderte Schlafsäcke für obdachlose Menschen an die Diakonie.

Katrin Wilhelm nimmt von Bernd Reisig die Schlafsäcke entgegen. I Foto: Doris Stickler
Katrin Wilhelm nimmt von Bernd Reisig die Schlafsäcke entgegen. I Foto: Doris Stickler

Die Weihnachtszeit ist für Menschen, die auf der Straße leben, besonders hart. Wenn alle anderen feiern, empfinden viele die eigene Heimatlosigkeit als besonders bedrängend, sagen Anja Wienand, die Leiterin der Bahnhofsmission Frankfurt und Katrin Wilhelm, die das WESER5 Diakoniezentrum leitet.

In der Winterzeit haben obdachlose Menschen außerdem mit Frost und Nässe zu kämpfen. Dabei verschafft ihnen ein guter Schlafsack Linderung. Wenn die Temperaturen sinken, teilt das WESER5 Diakoniezentrum deshalb seit Jahren an der Pforte an der Weserstraße 5 Schlafsäcke aus. Auch die Sozialarbeiter:innen geben bei ihren Rundgängen Schlafsäcke weiter. Waren es bislang etwa 500 pro Saison, verzeichnet die Leiterin des Diakoniezentrums Katrin Wilhelm ebenso wie Anja Wienand von der Bahnhofsmission in diesem Jahr einen steigenden Bedarf. Bis Anfang Dezember wurden vom WESER5 Diakoniezentrum bereits 300 Schlafsäcke verteilt, deutlich mehr als sonst, was Wilhelm vor allem dem ausgiebigen Regen zuschreibt: „Die Leute können feuchte Schlafsäcke ja nicht trocknen.“

Bernd Reisig Stiftung verteilt hunderte Schlafsäcke

Umso willkommener war ihr die diesjährige Winteraktion der Bernd Reisig Stiftung – „helfen helfen“. Mit einem Laster war Reisig Mitte Dezember bei verschiedenen Hilfeeinrichtungen in Frankfurt vorgefahren, um Schlafsäcke zu überreichen. Alleine bei der ökumenischen Bahnhofsmission und im WESER5 Diakoniezentrum waren es jeweils mehr als 270. Die vom Eventmanager und früheren FSV Frankfurt-Präsidenten Bernd Reisig gegründete Stiftung setzt sich seit Jahren für Menschen in schwierigen Lebenslagen ein. „Ziel ist es, Menschen zu helfen, direkt und unkompliziert. Und zwar überall dort, wo Hilfe nötig ist“, sagt Reisig. So hat „helfen helfen“ vor zwei Jahren Menschen ohne Wohnung mit festen Schuhen ausgestattet, im vergangenen Jahr mit Unterwäsche. Weil mehrere Hilfsorganisationen „helfen helfen“ über den Mangel informierten, habe man sich dieses Mal um Schlafsäcke gekümmert.

Strahlende Gesichter

Dank der Spende des Discounter-Konzerns Lidl hat die Stiftung in Frankfurt 700 Schlafsäcke in fünf Einrichtungen verteilt. Auch in umliegenden Städten wurden soziale Träger versorgt. Zur Freude von Katrin Wilhelm verfügt das WESER5 Diakoniezentrum nun über 275 zusätzliche Schlafsäcke. Beim Entladen des LKWs stapelten sich vor dem Tagestreff des Diakoniezentrums im Bahnhofsviertel Kisten, aus denen einige Schlafsäcke postwendend in die Hände von Menschen ohne Bleibe wanderten. Ihre strahlenden Gesichter ließen keinen Zweifel daran, wie wichtig für sie diese wärmende Ausstattung ist.

Die Armut bekämpfen, nicht die Armen

Gefragt, was ihn zu seinem Engagement motiviert, muss Bernd Reisig nicht lange überlegen. Er stamme selbst aus eher armen Verhältnissen, habe aber „im Leben viel Glück gehabt. Von dem Guten, das mir widerfahren ist, will ich etwas zurückgeben und solidarische Zeichen setzen.“ Das von ihm 2012 ins Leben gerufene Weihnachtsgans-Essen für Menschen ohne Wohnung im Ratskeller des Römers etwa sei längst feste Tradition. Konkret und bedürfnisorientiert zu unterstützen, versteht der 60-Jährige nicht zuletzt auch als Respektbekundung. „Lasst uns die Armut bekämpfen und nicht die Armen“, so sein Appell. Er finde es „ein Unding, dass man in einer reichen Stadt wie Frankfurt Hilfebedürftige aus dem Stadtbild verbannen“ will.

Viele sorgen sich in der kalten Jahreszeit um obdachlose Menschen

In der Vorweihnachtszeit erhält das WESER 5 Diakoniezentrum zudem viele weitere Spenden, denn viele Bürger:innen sorgen sich in der trüben kalten und dunklen Jahreszeit um obdachlose Menschen und unterstützen die Spendenkampagne der Diakonie „Ich hab Glück gehabt“ oder engagieren sich in anderer Form. Die Helferfreunde, die die Besucher:innen des Diakoniezentrums regelmäßig unterstützen, haben vor Weihnachten ein leckeres Mittagessen gekocht und Päckchen mit Handschuhen, warmen Socken, Duschgel, einer Bauchtasche und anderem, was Menschen auf der Straße gut brauchen können, gepackt. Firmen machen Weihnachtsaktionen und packen ebenfalls Päckchen für die Besucher des Zentrums und für die Menschen, die auf der Straße aufgesucht werden. „Wir sind sehr froh darüber“, sagt Katrin Wilhelm. So konnte auch dieses Jahr wieder für jeden Besucher des Tagestreffs, jeden Kontakt der Aufsuchenden Sozialarbeit und der Beratungsstelle ein Weihnachtspäckchen bereitgehalten werden. „Es waren genügend Plätzchen zum Verteilen da und jeder, der wollte, hat einen Schlafsack bekommen. So wichtig in dieser Zeit. Vielen Dank dafür!“

Das WESER5 Diakoniezentrum

Für wohnungslose und andere Menschen mit wenig Einkommen ist das WESER5 Diakoniezentrum seit vielen Jahren eine wichtige Anlaufstelle. So besuchen täglich bis zu 200 Menschen den Tagestreff, wo sie Essen und Getränke erhalten, Duschen, Wäsche waschen und ein Postfach einrichten sowie Ansprechpartner finden können. Die Einrichtung der Diakonie Frankfurt und Offenbach unterhält zudem ein Übergangswohnhaus mit 36 Plätzen sowie eine Notübernachtung, aufsuchende Straßensozialarbeit in der Stadt und am Flughafen und gemeinsam mit Caritas eine Anlaufstelle für neu zugewanderte EU-Bürger:innen.


Schlagwörter

Autorin

Doris Stickler 76 Artikel

Doris Stickler ist freie Journalistin in Frankfurt.