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Eine Textaufgabe für 49 Euro

Wer ein 49-Euro-Ticket hat und keine Kinder, steigt in Busse und Bahnen ein und aus, wie es einem beliebt. Doch mit Kindern wird ein Ausflug zu einer mathematischen Herausforderung.

Ralf Bräuer ist Leiter der Redaktion von "Evangelisches Frankfurt und Offenbach" und der Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach
Ralf Bräuer ist Leiter der Redaktion von "Evangelisches Frankfurt und Offenbach" und der Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach

Mama und Papa wollen mit ihren Kindern Sebastian, Tobias und Franziska am Wochenende einen Ausflug in den Rheingau machen. Um die Umwelt zu schonen, fahren sie natürlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Wieviel muss die Familie für die Fahrt bezahlen?

Diese Textaufgabe kostet auf jeden Fall Nerven! Okay, Taschenrechner an: Papa und Mama haben ja ein 49-Euro-Ticket, Tobias ist erst vier Jahre alt und fährt sowieso kostenlos in Bussen und Bahnen. Sebastian ist 13, Franziska zehn Jahre alt. Die müssen also zahlen. Beim 9-Euro-Ticket war alles ganz einfach: da hat man fünf Monatskarten gekauft, macht zusammen 45 Euro, und auf die Plätze, fertig, los ging's. Jetzt kosten fünf Deutschlandtickets aber 245 Euro. Lohnt sich das? Also Gegenrechnung: Für jedes der beiden Schulkinder kostet die Hin- und Rückfahrt 16,20 Euro. Okay, da lohnt es nicht, auch für die Kinder ein Deutschlandticket zu kaufen. Vielleicht ist aber ein Tagesticket günstiger. Oder eine Gruppenkarte? Doch wo findet man den Preis dafür? Und was ist, wenn die Familie auf dem Rückweg noch einen Schlenker über Bingen machen möchte? Das ist eine andere Tarifzone, also noch mal Fahrkarten kaufen! Ach, und die Oma in Kassel hat ja nächste Woche Geburtstag. Was kostet eine normale Fahrkarte nach Kassel? Also vielleicht doch ein 49-Euro-Ticket für die beiden Kinder. Da kriegt man von der Taschenrechnerei nicht nur Hornhaut auf den Fingerkuppen, sondern auch leichten Drehschwindel. Und wenn dann Franziska und Sebastian bitteschön unbedingt ihre Fahrräder mit zur Oma nehmen wollen, ist verständlicherweise für viele Erziehungsberechtigte Schluss. Nicht pädagogisch, sondern psychisch.

Und dieses Generve bei jedem Ausflug? Da fällt einem schnell ein: vor der Tür steht ja unser Auto! Tür auf, Kinder rein, Tür zu und ab in den Rheingau. Und zum Besuch bei der Oma werden dann eben noch die Fahrräder eingeladen. Fertig! Wie einfach es doch wäre, wenn Kinder auf dem 49-Euro-Ticket ihrer Eltern mitfahren könnten. Wäre ein feiner Zug der Politik gewesen.


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Ralf Bräuer 42 Artikel

Ralf Bräuer ist Leiter der Redaktion von "Evangelisches Frankfurt und Offenbach" und der Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach